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Bandhas im Yoga

Bandhas sind Schlüssel

Im Yoga arbeiten wir mit Energie. Am deutlichsten spürbar wird das in den Pranayama Übungen. Bandhas sind eine Technik, den Fluss des Prana, der Lebensenergie zu beeinflussen. Bandhas werden für sich geübt oder in die Pranayama Übungen integriert. In diesem Artikel schauen wir auf die physischen Aspekte der Bandhas.

Bandhas werden im Allgemeinen als „Schloss“ oder „Verschluss“ bezeichnet. Tatsächlich sind die Bandhas Schlüssel zu einer anderen Ebene unserer Yogapraxis. Wir setzen die Bandhas an den Orten im Körper, wo sich Diaphragmen befinden.
Was ist ein Diaphragma?
Wörtlich bedeutet Diaphragma Trennwand. Ein Diaphragma besteht aus einem oder mehreren Muskeln und Sehnen, die verschiedene Bereiche des Körpers voneinander trennen.
Drei Beispiele: Beckenboden, Zwerchfell und Stimmfalten.
Das Zwerchfell trennt Brusthöhle und Bauchhöhle voneinander. Es ist ein kuppelförmiger, dünner Muskel mit einer zentralen Sehne und der wichtigste Atemmuskel. Das Zwerchfell bildet einerseits die obere Grenze der Bauchhöhle und andererseits den Boden der Brusthöhle.
Der Beckenboden bildet die untere Grenze der Bauchhöhle. Er hat einen komplexen Aufbau aus verschiedenen Muskelschichten.
Oberhalb der Brusthöhle befindet sich eine dritte Struktur, die den Charakter eines Diaphragmas hat, die Stimmbänder und Stimmfalten (oder Stimmlippen). Sie befinden sich am Übergang zwischen Rachen und Luftröhre.

Es gibt drei wichtige Bandhas, die jeweils eines der Diaphragmen einbeziehen: Muladhara Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha.

Beginnen wir mit Muladhara Bandha. Es wird aktiviert durch die Beteiligung der Muskeln des Beckenbodens. Diese lassen sich in drei Schichten einteilen. Die äußere Schicht ist leicht zugänglich. Sie wird durch die Schließmuskeln von Anus, Vagina und Harnröhre gebildet. Die mittlere Schicht verbindet die Sitzbeinhöcker. Die dritte, innere Schicht verbindet Steißbein und Charmebein. Wenn diese dritte Schicht aktiv wird, bewegen sich Steißbein und Charmebein aufeinander zu. Becken und Wirbelsäule richten sich auf, der untere Rücken wird lang.
Vier Punkte werden durch die Beckenbodenmuskeln verbunden: beide Sitzbeine, Steißbein und Charmebein.
Mula Bandha bedeutet, diese Muskeln zu aktivieren (nicht zu verkrampfen!), so dass die Bewegung im Beckenboden nach oben geht. Mula Bandha kann sowohl mit der Einatmung als auch mit der Ausatmung aktiviert werden. Es sollte sich mühelos anfühlen. Wenn die Beckenbodenmuskulatur krampfhaft zusammengezogen wird, führt das zu Spannung im Körper.

Die Idee ist, die Energie im Zentrum zu halten. Ein aktiviertes Mula Bandha, das Bandha der Wurzel, unterstützt und hält alles zusammen, während wir uns in den Asanas in verschiedene Richtungen bewegen. Mula Bandha hält die wie ein Anker im Beckenring liegende Wirbelsäule und sorgt für eine stabile und sichere Mitte.
Eine gute Verwurzelung und Erdung ermöglicht freie Bewegung, ohne sich zu verlieren.
Durch die Interaktion von Materie oder Muskeln und Energie oder Bewegung finden wir in unsere Ausrichtung.
Mula Bandha wirkt auf das Zentrum des Körpers. Hier sind die lebenswichtigen Organe. In dem Raum zwischen Beckenboden und Zwerchfell befinden sich Darm, Nieren, Leber, Milz, Magen und Bauchspeicheldrüse. Oberhalb des Zwerchfells sind die Lungen, das Herz, Thymus und Schilddrüse.

Durch die Aktivierung von Mula Bandha lassen wir die Energie vom tiefsten Punkt des Körperzentrums sich nach oben bewegen.

Im Beckenraum bzw. im Darm können sich „Schlacken“, unverdaute Nahrungsbestandteile ansammeln. Diese Vorstellung gibt es sowohl im Yoga als auch im Ayurveda. Mit Hilfe von Mula Bandha werden diese nach oben, in den Bereich des Verdauungsfeuers gebracht, um vollständig verbrannt zu werden.
Auf energetischer Ebene gilt das ebenso für mentale, emotionale „Schlacken“, die in diesem Bereich des Körpers gespeichert sind. Auch diese können so abgebaut werden.

Gehen wir weiter zum Zwerchfell. Es grenzt Brusthöhle und Bauchhöhle voneinander ab. Wie eine große Kuppel spannt es sich über die Bauchorgane. Es gibt Durchgänge für Blutgefäße, Nerven und Speiseröhre. Das Zwerchfell ist ein großer Muskel mit zentraler Sehnenplatte, die in sich selbst endet. Es hat Verbindung zu den Rippen und der Wirbelsäule und ist der wichtigste Atemmuskel. Mit jeder Einatmung drückt und bewegt es sanft die Bauchorgane nach unten. Diese werden vom Beckenboden gehalten. In einer normalen, tiefen Einatmung empfängt der Beckenboden die Bewegung und dehnt sich. Wenn wir uns bewusst entscheiden Mula Bandha zu aktivieren, bewegt er sich nach oben.

Auf der Oberseite trägt das Zwerchfell Herz und Lungen.
Uddiyana Bandha ist das Bandha an dem das Zwerchfell beteiligt ist. Uddiyana bedeutet „nach oben fliegen“. In Uddiyana Bandha werden Zwerchfell und Bauchmuskeln aktiviert und bewirken die Bewegung nach oben. Außerdem heben die Zwischenrippenmuskeln und die Atemhilfsmuskeln des Schultergürtels den Brustkorb. Mit der Ausatmung werden zunächst die Bauchmuskeln im Unterbauch nach innen, danach der gesamte Bauch nach innen und oben gezogen. So werden die Bauchorgane mit nach oben bewegt, das Zwerchfell tonisiert und die Wirbelsäule lang.
Hierbei wird spürbar, dass die Bauchorgane durch ihr Volumen sowohl eine stützende Wirkung für die Wirbelsäule als auch für die Aufrichtung des gesamten Körpers haben.

Mula Bandha verändert den Effekt der Schwerkraft. Wir können die Bandhas für Standhaltungen und Umkehrhaltungen wie Handstand oder Unterarmstand nutzen. Mula Bandha und Uddiyana Bandha führen zu Stabilität und Ausrichtung.

Das Herz hat eine enge Beziehung zum Zwerchfell. Der Herzbeutel, der das Herz umgibt, ist mit dem Zwerchfell verbunden. Jeder Atemzug bewegt das Herz und Uddiyana hebt das Herz nach oben und hält es dort.

Die Reise nach oben geht weiter zu den Stimmbändern oder Stimmfalten. Diese sind die Torwächter des Atems. Sie sind entscheidend für unsere Stimme, unsere Kommunikation, das Sprechen, Singen oder Tönen. Dies ist der Ort für Jalandhara Bandha. In der Aktivierung von Jalandhara Bandha werden Kinn und Brustbein zueinander bewegt. Der Nacken bleibt lang.
Jalandhara und Mula Bandha bewegen die Energie in entgegengesetzte Richtungen und somit aufeinander zu. Jalandhara wirkt sehr zentrierend. Dem Kopf und somit auch den Gedanken wird weniger Energie zur Verfügung gestellt.
Da der Nacken in Jalandhara Bandha bewusst lang gehalten wird, kommt es zur Entlastung sowohl der Halswirbelsäule als auch der Nackenmuskulatur. Die durch Alltagshaltungen verspannten Nackenmuskeln und die überdehnten vorderen Halsmuskeln werden wieder ausgeglichen.
Die Bewegung von unten nach oben begann im Mula Bandha und führt zu einer vollständigen Aufrichtung und Länge in der Wirbelsäule.

Alle drei Bandhas können gleichzeitig aktiviert werden. Dies wird Mahabandha genannt. Im Mahabandha ist die zentrale Achse des Körpers, die Wirbelsäule, lang und aufgerichtet. Die Aufmerksamkeit geht nach innen. Alles ist gut miteinander verbunden und von einer stabilen Basis unterstützt.

Bandhas sind die Hüter der Energie. Sie unterstützen und erhalten das Innere des Körpers, die Materie, in der Energie, Bewusstsein, Präsenz und Achtsamkeit zu Hause sind.

Das Üben der Bandhas vermittelt ein Bewusstsein für die beteiligten Strukturen, insbesondere die Muskeln und Diaphragmen. Damit wird ein neuer Zugang zu den im Alltag oft vernachlässigten oder nicht spürbaren Körperbereichen und ihrer Bedeutung erschlossen.
Die Bandhas ermöglichen zunächst auf körperlicher Ebene neue Dimensionen des Übens.
Das eröffnet neuen Raum für die Wahrnehmung und Erforschung der Zusammenhänge von Körper, Verstand, Emotionen und Erleben.
Die Bandhas sind so ein Schlüssel zu neuen Erfahrungen.A


Achtung – was ist beim Einsatz von Bandhas besonders zu beachten?


Bandhas sollten mit einem/ einer erfahrenen LehrerIn erlernt werden.
Bandhas nur mit leerem Magen üben.
Kontraindikationen für alle Bandhas: Blutdruckhochdruck, nach Operationen, Entzündlichen Erkrankungen in den Bereichen der Bandhas und während der Schwangerschaft.
Kontraindikationen für Uddiyana Bandha: chronische Lungenerkrankungen wie COPD, Lungenemphysem, Zwerchfellbruch (Hiatushernie)

Es folgt:

Energetische, emotionale und spirituelle Aspekte der Bandhas

Weil eine wichtige Technik das Üben sogenannter Bandhas ist, versuche diese in Deine tägliche Yogapraxis einzubeziehen. Yoga ist mehr, als Sport, wenngleich vielen Menschen lediglich die körperlichen Effekte wichtig sind. Energie, Energieflüsse & die Steuerung von Energie sind ebenfalls wichtig.
Wiebke.Mohme

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